Volk, Ludwig: Akten deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1933–1945, Bd. V: 1940–1942, Mainz 1983
Mit den drei ersten Kriegsjahren (1940–1942) überspannt der vorliegende Band der »Bischofsakten« die schonungsloseste Phase der Kirchenbedrückung durch das NS-Regime. In den Beratungsprotokollen, Lageberichten, Hilfsersuchen und Protesteingaben spiegelt sich die beklemmende Entscheidungssituation, in die sich die Bischöfe durch das Aufbrechen ständig neuer Konfliktfelder hineingestellt sahen. Anders als vermutet, gebot die Kriegssituation keineswegs einen inneren Burgfrieden, sondern lieferte in angeblich »kriegsbedingten Erfordernissen« den Kirchengegnern, an ihrer Spitze Bormann, Himmler und Goebbels, Vorwände für rücksichtslose Eingriffe in den Kirchenraum. Mit ungehemmter Wucht zielten Kampfmaßnahmen auf katholische Bildungs- und Informationseinrichtungen, den schulischen Religionsunterricht, die Abhaltung von Einkehrtagen, die pfarrlichen Kindergärten, die Bistumsblätter. Mitten ins Kircheninnere traf die Profanierung höchster Feiertage, die schikanöse Beschränkung morgendlicher Gottesdienste nach Alarmnächten, die reihenweise Einziehung von Klöstern und Ordenshäusern. Durch die gesetzliche Unterbindung des Ordensnachwuchses und die Enteignung von Priesterseminaren sollte die Institution Kirche in ihren Fundamenten erschüttert werden. Endsieggewiß auf frühere Tarnung verzichtend, redeten jetzt Parteigegner im Klartext von der Kirche als dem letzten Weltanschauungsgegner im Innern. Wie er zu überwinden sei, probte das Regime in den »konkordatsfreien Räumen« und zwar mit äußerster Konsequenz im annektierten Warthegau. Für die bedrängten Glaubensgenossen dort traten die Bischöfe genau so ein wie für die religiösen Grundrechte der Millionen polnischer Zivilarbeiter im Reich. Lediglich Rücksichten auf die »Kriegsmoral« der Bevölkerung zogen der Aggressivität der Kirchenbekämpfer von 1942 ab gewisse Schranken.
Überlagert wurde die Knebelung der Glaubensfreiheit vom dunkelsten Abschnitt nationalsozialistischen Machtmißbrauchs, dem Massenmord an den Geisteskranken wie der Verschleppung und Vernichtung der Juden. Mit verstärkter Wucht brach daraufhin im Episkopat die Gewissensfrage durch, ob dagegen mit wirkungslosen Eingaben anzukämpfen sei, wie Kardinal Bertram unbeirrbar meinte, oder ob nicht lauter Protest von der Kanzel herab geboten sei. Die Wende der Diözesanbischöfe zur Eigenverantwortung hatte Bischof Preysing (Berlin) in einer Absage an den Abwehrkurs des Episkopatsvorsitzenden schon 1940 vorgezeichnet, sie wurde ein Jahr später in den Brandpredigten Bischof Galens gegen Klosterraub und Euthanasie für das Kirchenvolk weit über Münster hinaus zu einer befreienden Tat. Andere Bischöfe wie die von Hildesheim und Trier folgten Galens Beispiel. Gegen die vor keinem Exzeß zurückscheuende Gewaltpolitik des SS-Staates, gegen die erkennbaren (Krankenmord) oder nur geahnten Verbrechen (Holocaust) wandte sich der Menschenrechts-Hirtenbrief vom Frühjahr 1942 mit letzter Entschiedenheit.
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