Reihe B: Forschungen
Hannot, Walter: Die Judenfrage in der katholischen Tagespresse Deutschlands und Österreichs 1923–1933, Mainz 1990
Im Mittelpunkt dieser Studie steht die Frage, was die Bevölkerungsgruppen Deutschlands und Österreichs, die sich zum politischen Katholizismus zählten, den katholischen Tageszeitungen im Jahrzehnt vor Hitlers Machtergreifung an meinungsbildenden und -beeinflussenden Äußerungen zum Thema »Judentum, Antisemitismus und Rassenfrage« entnehmen konnten und welche Tendenzen diese Aussagen hatten. Ausgehend von einer repräsentativen Auswahl von Tageszeitungen inner- und außerhalb des Deutschen Reiches, die der Deutschen Zentrumspartei und der Bayerischen Volkspartei nahestanden, sowie von Tageszeitungen der Christlich-Sozialen Partei Osterreichs, wird ein Gesamtbild erstellt, das nicht nur die spektakulären Ereignisse und ausführlichen Berichte berücksichtigt, sondern auch beiläufige Äußerungen und das alltägliche Kleingeschehen. Zur Abrundung dieses Bildes und als Gegenkontrolle über die Rezeption der katholischen durch die jüdische Presse sind auch die beiden bedeutendsten Zeitungen der deutschen Juden in die Untersuchungen einbezogen.
Die katholischen Zeitungen werden nicht nur nach inhaltlichen Kriterien, sondern auch mit Hilfe eines statistisch quantifizierenden Auswertungsschemas analysiert. So kann auch die Häufigkeit einschlägiger Äußerungen nachgewiesen werden. Hierbei zeigt sich ein unerwartet drastischer Unterschied zwischen Deutschland und Österreich: Während das Thema »Judentum und Antisemitismus« in den deutschen katholischen Zeitungen nur von marginaler Bedeutung war, spielte es in den österreichischen eine erhebliche Rolle. Die in irgendeiner Form als »antijüdisch« einzustufenden Äußerungen sind in der Presse des deutschen Katholizismus eine fast zu vernachlässigende Größe, in den österreichischen Zeitungen liegen sie hingegen bei 50 Prozent aller Äußerungen zum Thema. Dieses Ergebnis wird durch die (Gegen-)Analyse der beiden jüdischen Zeitungen bestätigt.
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