Reihe B: Forschungen
Kuchler, Christian: Kirche und Kino. Katholische Filmarbeit in Bayern (1945–1965), Paderborn [u. a.] 2006
Kirche und Kino? Die Zeitgenossen, die sich an die Zeit vor dem Siegeszug des Fernsehens erinnern, denken bei diesem Begriffspaar weniger an Filme in Kinos als an Demonstrationen vor Kinos, gegen »Die Sünderin«, »La Dolce Vita« oder »Das Schweigen« zum Beispiel. Die spontanen Urteile über das Verhältnis der katholischen Kirche zum Kino fallen deshalb ziemlich einheitlich aus, das Begriffspaar ist fast ausschließlich strittig festgelegt und semantisch negativ besetzt.
Dieser erste Eindruck täuscht. Die katholische Filmarbeit zwischen 1945 und 1965 läßt sich nicht auf eine Protestbewegung reduzieren. Der Kontakt zwischen beiden Seiten beschränkte sich zu keinem Zeitpunkt nur auf Zensur- und Absetzungsforderungen. Kaum ein kirchlicher Arbeitsbereich hat sich in diesen Jahren so radikal gewandelt wie die Filmarbeit.
In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurden noch kirchliche Wanderkinos betrieben und »gute« Filme gefördert – das Medium Film sollte zur Rechristianisierung der Gesellschaft beitragen. Als später in den Kinos der sechziger Jahre zunehmend die Hüllen fielen und künstlerisch-avantgardistische Filme die Programme bestimmten, änderte sich auch die katholische Filmförderung. Ausgelöst von Papst Pius XII., öffnete man sich für Problemfilme, die keineswegs mehr den sittlichen und moralischen Vorstellungen der frühen fünfziger Jahre entsprachen. Die Kirche erkannte das Kino als eigene Kunstform an, der Kampf gegen »schlechte« Filme war nicht mehr zentral.
Dieser spannende Lern- und Wandlungsprozeß wird im vorliegenden Buch überzeugend und detailliert dokumentiert.
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