Reihe B: Forschungen
Voges, Stefan: Konzil, Dialog und Demokratie. Der Weg zur Würzburger Synode 1965–1971, Paderborn 2015
Das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) war ein kirchengeschichtliches Weltereignis, das die Kirche bis in die Gegenwart verändert. Entscheidend dafür war, dass die Ortskirchen sich die Konzilsbeschlüsse aneigneten.
In Deutschland fiel dieser Rezeptionsprozess in die von politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Umbrüchen geprägten späten 1960er Jahre. Kirchlicherseits signalisierte das Bild der Kirche als »Volk Gottes« ein neues Selbstverständnis. Im Stichwort »Dialog« kam eine veränderte Haltung der Kirche zur Welt zum Ausdruck. Der gesellschaftliche Diskurs war von der Forderung nach mehr Demokratie bestimmt und von einer ungeheuren Diskussionslust vor allem in der Studentenbewegung begleitet.
Die daraus resultierenden Spannungen zu traditionellen Ordnungsvorstellungen in Kirche und Gesellschaft entluden sich in explosiver Weise 1968 auf dem 82. Deutschen Katholikentag in Essen und ließen die Forderung nach einem Nationalkonzil laut werden. Dieser Impuls führte zu einer intensiven Vorbereitung und fruchtbaren Durchführung der »Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland«, die von 1971 bis 1975 in Würzburg tagte. In der Vorbereitungsphase arbeiteten Bischöfe und Laien konstruktiv, wenn auch nicht immer spannungsfrei zusammen. Auf diese Weise wurde der Weg zur Würzburger Synode zum entscheidenden Testfall für die Aneignung des konziliar erneuerten Kirchenbildes in Deutschland.
Erstmals wird dieser Weg vom Konzil zur Synode auf der Grundlage unveröffentlichter kirchlicher Akten und Dokumente detailliert nachgezeichnet. Der Autor beschreibt die nachkonziliare Entwicklung der Akteure und ordnet die Vorbereitung der Synode in verschiedene Rezeptionsprozesse ein. Er sondiert kirchliche und gesellschaftliche Einflüsse und analysiert die Genese der Synodenverfassung. In ekklesiologischer Hinsicht wird die Würzburger Synode als Ereignis der deutschen Kirchengeschichte bis heute wenig beachtet. Zu Unrecht, denn bei näherem Hinsehen erweist sie sich als ein theologisch innovatives Experiment innerkirchlicher Willensbildung und damit als kreative Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils.
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